Europäische Hochschulallianzen: internationale Strahlkraft, regionale Verankerung

Gemeinsam für Europa: Universitäten gehen neue Wege in der internationalen Vernetzung.

In Nordrhein-Westfalen vernetzen sich die an Europäischen Hochschulen beteiligten Universitäten noch einmal auf besondere Weise. Das stärkt ihre Stimme im Dialog mit Politik und Gesellschaft – und fördert die gemeinsame Arbeit an der europäischen Idee.

Pionierarbeit gelingt besser gemeinsam: Wenn Neuland betreten wird, meistert man die damit verbundenen Herausforderungen im Netzwerk eher, als wenn man sich den verschiedenen Aufgaben alleine stellt. Für die Europäischen Hochschulen, welche die Stärken und die Vielfalt europäischer Forschung und Lehre in neuen Strukturen bündeln, ist die Idee des Netzwerkens grundlegend. In den Allianzen verbinden sich die Hochschulen, um eine neue Qualität des Austauschs zu erreichen. Das gelingt den deutschen Hochschulen mit einer Vielzahl europäischer Partneruniversitäten in den jeweiligen Allianzen – aber die Netzwerkbildung kann sogar noch darüber hinausgehen.

In Nordrhein-Westfalen suchen neun der Universitäten des Bundeslandes, die an Europäischen Hochschulallianzen beteiligt sind (s. Info-Box am Ende des Artikels), gezielt den Schulterschluss auf Landesebene. „Es begann mit der Woche der Europäischen Hochschulen 2023“, berichtet Dr. Anders Heger von der Universität zu Köln und deren Europäischer Hochschulallianz European University for Well-Being (EUniWell). „Wir haben uns im Rahmen der Woche wiederholt lose ausgetauscht und damit begonnen, uns in NRW gegenseitig zu unterstützen. Daraus entstand dann die Idee, für die Woche der Europäischen Hochschulen 2024 etwas Größeres gemeinsam anzugehen.“ Die Paneldiskussion „Europäische Hochschulallianzen – Chancen für den Standort NRW“, die am 15. Mai 2024 im Düsseldorfer Haus der Universität stattfindet, wurde von den neun Universitäten gemeinsam vorbereitet. Über den Veranstaltungstag hinaus hat sich die Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten grundlegend intensiviert

„Kräfte bündeln, Erfahrungen austauschen“

„Uns verbindet, dass wir die immer noch junge Idee der Europäischen Hochschulallianzen mit Leben füllen“, sagt Dr. Sarah Monreal von der Universität Bonn und der Allianz NeurotechEU – The European University of Brain and Technology.  „Es gibt keine Blaupause bei diesem europäischen Pionierprojekt“, so Monreal. „Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kräfte bündeln und Erfahrungen austauschen.“ Zwar bestehe zwischen den verschiedenen Hochschulen in NRW grundsätzlich auch ein Konkurrenzverhältnis, „aber angesichts der gemeinsamen europäischen Aufgabe rückt das für uns in den Hintergrund“.

Ebenfalls nicht entscheidend für die Zusammenarbeit ist, welche fachlichen Schwerpunkte die einzelnen Europäischen Hochschulallianzen mit NRW-Beteiligung setzen. Zwar ist die thematische Bandbreite beeindruckend und reicht von der Hirnforschung über Social Entrepreneurship bis zur Beschäftigung mit dem Weltraum. „Uns verbindet aber vielmehr, dass wir gemeinsam nach Lösungswegen suchen, wie wir die Europäischen Hochschulallianzen nachhaltig entwickeln und ausbauen können“, betont Dr. Katharina Weisheit von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und deren Allianz European Space University for Earth and Humanity (UNIVERSEH). „Dabei profitieren alle Universitäten gleichermaßen: diejenigen, die erst mit der letzten Ausschreibung zu den Europäischen Hochschulen dazugekommen sind ebenso wie diejenigen, die schon etwas länger Teil einer Allianz sind.“

In Nordrhein-Westfalen begegneten die Hochschulen denselben politischen Rahmenbedingungen, so Sarah Monreal, „aber dass wir mit einer Stimme sprechen, stärkt unsere Position nicht nur auf Landesebene, sondern auch im Austausch mit der Europäischen Kommission“. Dr. Klaus Birk, Direktor der Abteilung für Projekte im DAAD, unterstreicht, „dass der Erfolg der Europäischen Hochschulallianzen maßgeblich davon abhängt, dass für verschiedene Kooperations- und Anerkennungsfragen die Länder bestehende Regeln ändern oder Öffnungsklauseln erlassen“. Nicht allein mit Blick auf die Änderung von Regularien und Gesetzen, sondern auch in Bezug auf die mittelfristige Ko-Finanzierung durch die Länder könnten die Hochschulen von ihrer fortgeschrittenen Netzwerkbildung profitieren. Klaus Birk hebt hervor: „Ein regionaler Zusammenschluss der Hochschulen wie in NRW kann die Bedarfe der Europäischen Hochschulallianzen viel effizienter vertreten, als wenn die Hochschulen einzeln auftreten.“

Stärkung des Standorts Nordrhein-Westfalen

Mit dem Programm Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative fördert der DAAD die EU-Initiative flankierend mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zusätzliche Fördermittel sind ebenso Teil des Programms wie verschiedene Informations-, Austausch- und Vernetzungsangebote. Zu ihnen zählen zum Beispiel zwei digitale Runde Tische, die der DAAD 2021 und 2023 organisierte – mit Vertreterinnen und Vertretern aus den deutschen Hochschulen, aus Politik auf Bundes- und Länderebene sowie aus der Kultusministerkonferenz (KMK).

„Während bei den Runden Tischen die Hochschulleitungen stark involviert sind, haben wir mit unserer Vernetzung in NRW den Austausch auf der Arbeitsebene der Europäischen Hochschulallianzen noch einmal besonders im Blick“, sagt Sarah Monreal. Wie die Allianzen zudem den Standort Nordrhein-Westfalen stärken, veranschaulicht Anders Heger: „Gemeinsam verdeutlichen wir zum Beispiel wie attraktiv NRW für hochqualifizierte Fachkräfte ist.“

Die Paneldiskussion „Europäische Hochschulallianzen – Chancen für den Standort NRW“ wird diesen und weitere Punkte aufgreifen und ist mit zahlreichen Hochschulleitungen, Forschenden, aber auch Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft prominent besetzt. Die Strahlkraft der Europäischen Hochschulallianzen gewinnt nicht zuletzt im Vorfeld der Europawahlen am 9. Juni 2024 an Bedeutung. Katharina Weisheit unterstreicht demgegenüber einen weiteren Aspekt: „Wir legen bei der Veranstaltung auch Wert darauf, die Perspektiven der Studierenden einzubringen. Das ist für uns ein zentrales Anliegen: Die junge Generation ist entscheidend für das weitere Wachsen einer europäischen Identität und das Überwinden von unter anderem kulturellen und sprachlichen Grenzen.“

Johannes Göbel (6. Mai 2024)

 

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